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     Claudia Richter in der Sparkasse
Handgeschriebene Bilder: Schriftkünstlerin pflegt altes Kulturgut

TETTNANG - Von der Schriftkunst der frühen Romanik bis zum individuell gestalteten "Wortbild" reicht das scripturale Schaffen von Claudia Richter, wovon Proben in der Sparkasse Tettnang ausgestellt sind. "Wort für Wort" hat sie Bücher mit sehr geübter Hand abgeschrieben.


Von unserem Mitarbeiter
Franz Josef Lay

Schon in der Gymnasialzeit faszinierte Claudia Richter die Kalligraphie. Durch Kurse in Inzigkofen hat sie es zu einer perfekten Schreibtechnik gebracht, die sie für ganzheitliche Buchgestaltungen einsetzt. Da sind allerdings nicht nur "Wort für Wort" literarische Texte mit sorgfältig beachteten Abständen und harmonischer Blattaufteilung,

ausbalancierten Innen- und Zwischenräumen abgeschrieben worden, sondern jedes Blatt bildet ein kalligraphisches Kunstwerk. Dahinter entdecke man die Spuren von Kultur- und Geistesgeschichte weit über Europa hinaus, wie Erika Dillmann es in ihrer weitgreifenden Laudatio anmerkte. Großer Ausdauer, Konzentration und Übung bedarf es, dass ein so homogenes Schriftbild entsteht. Trotz der Ebenmäßigkeit der Buchstaben soll auch ein lebendiger Duktus und ebenso eine gewisse individuelle "Handschrift" zu sehen sein, nach der ja auch alte Codicis bestimmten Schreibern zugeordnet werden kann.

Perfekte Technik

So komme es Claudia Richter ebenfalls auf Unverwechselbarkeit an, in der dank perfekter Technik das stets Austauschbare Konjunktur habe,

sagte Erika Dillmann. Und in der Tat löst der Computer mehr und mehr den Menschen in dieser kreativen Arbeit ab und lässt schon bei jungen Menschen anspruchsvollere Schreibfähigkeiten verkümmern. Doch hier gibt Claudia Richter beispielhaft Anregung, altes Kulturgut in unsere Zeit herüberzuretten.
Der Traum vom ganz selbst gemachten Buch begann sich 1995 zu erfüllen. Das erste Werk, selbstgeschrieben, selbst gebunden, konnte sich 1997 präsentieren. Es ist eine handgroße bibliophile Kostbarkeit mit einem Abschnitt "Pavlos Papierbuch" aus der Geschichte "Saians-Fiktschen" von Franz Fühmann, in der die erste Begegnung eines Menschen in fernen Zeiten und die Welt mit dem Wunder Buch beschrieben ist, wie die Laudatorin weiter erwähnte. Seitdem ist jedes Jahr ein neues Buch entstanden, wie etwa Stefan Zweigs Geschichte "Die

unsichtbare Sammlung" oder Friedrich Dürrenmatts "Gerechtigkeit und Recht" oder die "Bibliothek von Babel" von Jörg-Louis Borges.

Form-und Farbspiel

Neben diesen Buchprojekten hat Claudia Richter ab 2001 die Bandzugfeder mit dem breiten Pinsel vertauscht und Schriftzüge in größerem Format gemalt, dabei mit jedem einzelnen Wort ein Form- und Farbspiel getrieben, das der Wortbedeutung entsprechen soll. "Dabei ist die Bildwirkung wichtiger als die Lesbarkeit. Formen und Farben nehmen Bezug auf die Bedeutung des Wortes" formuliert Claudia Richter selbst. Bei diesen "Wortbildern" übersetzt sie Inhalte in verschiedenen Farben und Buchstabenkonstellationen. Da lässt sie bei "Herbst" die fülligen Buchstaben buntfarben leuchten, indem sie den Pinsel

gleich in zwei Farben eintaucht und diese dann gut gesteuert miteinander zu einer gewissen Marmorierung verlaufen lässt, während bei "Mond" die halbmondförmigen Buchstaben fahl aus dem schwarzen Untergrund hervortreten.
In ähnlicher, aber doch unverwechselbarer Weise gestaltete sie auch Frühling, Sommer, Winter oder Wolken oder einen Baum. Das Verhallen des Wortes bei "Echo" spiegelt sich in abnehmender Intensität der Buchstaben. Innovativer sind die Arbeiten, bei denen die Schriftkünstlerin das Wort verlässt und sich Einzelbuchstaben zuwendet und daraus schwingende Figurationen schafft wie etwa bei "zzz" oder "mmm".
Die Ausstellung in der Sparkasse am Bahnhof dauert bis 26.Oktober.


   Schwäbische Zeitung vom 28.9.2007