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Titel
auf dem Holzweg?
 
 

3

Höre beim Reden! ... Bertolt Brecht
1898-1956
 
  4 Heutige Weltkunst

Anders sein und anders scheinen,
Anders reden, anders meinen;
Alles loben, alles tragen,
Allen heucheln, stets behagen,
Allem Winde Segel geben,
Bös’ und Guten dienstbar leben;
Alles Tun und alles Dichten
Bloß auf eignen Nutzen richten:
Wer sich dessen will befleißen,
Kann politisch heuer heißen.

Friedrich von Logau 1605-1655  
  6 Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein:
Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.

Was jetzt noch prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch’ und Bein,
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Andreas Gryphius
1616-1664  
  12 Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,

Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,

Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.

Novalis
1772-1801  
  14 Ein Fuchs traf einen Esel an.
»Herr Esel!« sprach er, »jedermann
Hält Sie für ein Genie, für einen großen Mann!«
»Das wäre!« fing der Esel an,
»Hab' doch nichts Närrisches getan.«
Matthias Claudius
1740 1815
 
  16 Ach, was soll der Mensch verlangen?
Ist es besser, ruhig bleiben?
Klammernd fest sich anzuhangen?
Ist es besser, sich zu treiben?

Soll er sich ein Häuschen bauen?
Soll er unter Zelten leben?
Soll er auf die Felsen trauen?
Selbst die festen Felsen beben.

Eines schickt sich nicht für alle.
Sehe jeder, wie er's treibe,
Sehe jeder, wo er bleibe,
Und wer steht, daß er nicht falle!

Johann Wolfgang von Goethe
1749 1832
 
  20 Aktenstöße nachts verschlingen,
Schwatzen nach der Welt Gebrauch,
Und das große Tretrad schwingen
Wie ein Ochs, das kann ich auch.

Aber glauben, daß der Plunder
Eben nicht der Plunder wär,
Sondern ein hochwichtig Wunder,
Das gelang mir nimmermehr.

Aber andre überwitzen,
Daß ich mit dem Federkiel
Könnt den morschen Weltbau stützen,
Schien mir immer Narrenspiel.

Und so, weil ich in dem Drehen
Da steh oft wie ein Pasquill,
Läßt die Welt mich eben stehen –
Mag sie's halten, wie sie will!

Joseph von Eichendorff
1788 1857
 
  24 Mit dummen Mädchen, hab ich gedacht,
Nichts ist mit dummen anzufangen;
Doch als ich mich an die klugen gemacht,
Da ist es mir noch schlimmer ergangen.

Die klugen waren mir viel zu klug,
Ihr Fragen machte mich ungeduldig,
Und wenn ich selber das Wichtigste frug,
Da blieben sie lachend die Antwort schuldig.

Heinrich Heine
1797 1856
 
  26 Fink und Frosch

Im Apfelbaume pfeift der Fink
Sein: pinkepink!
Ein Laubfrosch klettert mühsam nach
Bis auf des Baumes Blätterdach
Und bläht sich auf und quackt: »Ja ja!
Herr Nachbar, ick bin och noch da!«

Und wie der Vogel frisch und süß
Sein Frühlingslied erklingen ließ,
Gleich muß der Frosch in rauhen Tönen
Den Schusterbaß dazwischen dröhnen.

»Juchheija heija!« spricht der Fink.
»Fort flieg ich flink!«
Und schwingt sich in die Lüfte hoch.

»Wat!« ruft der Frosch, »Dat kann ick och!«
Macht einen ungeschickten Satz,
Fällt auf den harten Gartenplatz,
Ist platt, wie man die Kuchen backt,
Und hat für ewig ausgequackt.

Wenn einer, der mit Mühe kaum
Geklettert ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.

Wilhelm Busch
1832 1908
 
  32 ...
Im Durchschnitt ist man kummervoll
Und weiß nicht, was man machen soll. -

Nicht so der Dichter. Kaum mißfällt
Ihm diese altgebackne Welt,
So knetet er aus weicher Kleie
Für sich privatim eine neue ...

Wilhelm Busch
1832-1908
 
  34 Niemals

Wonach du sehnlich ausgeschaut,
Es wurde dir beschieden.
Du triumphierst und jubelst laut:
Jetzt hab ich endlich Frieden!

Ach, Freundchen, rede nicht so wild,
Bezähme deine Zunge!
Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt,
Kriegt augenblicklich Junge.

Wilhelm Busch
1832-1908
 
  36 Die Affen

Der Bauer sprach zu seinem Jungen:
»Heut in der Stadt, da wirst du gaffen.
Wir fahren hin und sehn die Affen.
Es ist gelungen
Und um sich schiefzulachen,
Was die für Streiche machen
Und für Gesichter,
Wie rechte Bösewichter.
Sie krauen sich,
Sie zausen sich,
Sie hauen sich,
Sie lausen sich,
Beschnuppern dies, beknuppern das,
Und keiner gönnt dem andern was,
Und essen tun sie mit der Hand,
Und alles tun sie mit Verstand,
Und jeder stiehlt als wie ein Rabe.
Paß auf, das siehst du heute.« -

»O Vater", rief der Knabe,
»Sind Affen denn auch Leute?« -

Der Vater sprach: »Nun ja,
Nicht ganz, doch so beinah.«

Wilhelm Busch
1832-1908
 
  40 Die Feder kritzelt

Die Feder kritzelt: Hölle das!
Bin ich verdammt zum Kritzeln-Müssen? -
So greif' ich kühn zum Tintenfaß
und schreib' mit dicken Tintenflüssen.

Wie läuft das hin, so voll, so breit!
Wie glückt mir alles, wie ich's treibe!
Zwar fehlt der Schrift die Deutlichkeit -
Was tut's? Wer liest denn, was ich schreibe?

Friedrich Nietzsche
1844-1900
 
  42 Vice versa

Ein Hase sitzt auf einer Wiese,
des Glaubens, niemand sähe diese.
Doch im Besitze eines Zeißes,
betrachtet voll gehaltnen Fleißes
vom vis-à-vis gelegnen Berg
ein Mensch den kleinen Löffelzwerg.
Ihn aber blickt hinwiederum
ein Gott von fern an, mild und stumm.

Joachim Ringelnatz
1883-1934
 
  44 Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Rest der Reise.

So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.

Joachim Ringelnatz
1883-1934
 
  46 KARAWANE
(Zug der Elefanten)

jolifanto bambla ô falli bambla
grossiga m'pfa habla horem
égiga goramen
higo bloiko russula huju
hollaka hollala
anlogo bung
blago bung
blago bung
bosso fataka
ü üü ü
schampa wulla wussa ólobo
hej tatta gôrem
eschige zunbada
wulubu ssubudu uluw ssubudu
tumba ba- umf
kusagauma
ba - umf

Hugo Ball
1886-1927
 
  50 Weltende

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei,
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Jakob van Hoddis
1887-1942
 
  52

Ein Mensch fällt jäh in eine Grube, ...

Eugen Roth
1895 1976
 
  54

Oft führ man gern aus seiner Haut. ...

Man wird bescheiden ...

 
  56 Ein Mensch hört staunend und empört, ...  
  58 Ein Mensch betrachtete einst näher ...  
  60

So mancher hat sich wohl die Welt ...

Ein Mensch dem Sprichwort Glauben schenkt: ...

 
  62 Der Radwechsel ... Bertolt Brecht
1898-1956
 
  64 Hinter eines Baumes Rinde ...  
  68 Ein Gleichnis ... Robert Gernhard 1937-2006  
  70 Vor einem Bretterstapel ... Ernst Sachse 1937  
  74 Zum neuen Jahre ... Ernst Sachse 1937  
  78 Entscheidung ... Ernst Ferstl 1955  
  82 Krähen ... Hans Munch 1958  
  84 Auf dem Holzweg ... Anne-Marie Zuther  
  91
Bilder
5 Rinde Inzigkofen
7 Fenster Freilichtmuseum Stübing
9 600-jähriger Olivenbaum Palma de Mallorca
11 gläserner Wald Regen
13 junger Baum Wolfegg
15 Skulptur von Reinhard Sigle Sigmaringen
17 Haus Freilichtmuseum Stübing
19 umgestürzter Baum bei Halfing
21 Baumscheibe Inzigkofen
23 Ast Mainau
25 Wendeltreppe Museum Ulm
27 Obstbäume Inzigkofen
29 Baumstämme Inzigkofen
31 Baumscheibe Tettnang
33 Eidechse Rosenheim
35 Weinfeld Gruissan
37 Baumscheibe Tettnang
39 Zaun Niederalteich
41 Pfahlbau Überlingen
43 Wald Pöllauberg
45 Allee Vicenza
47 Rinde mit Efeu Inzigkofen
49 Rinde Inzigkofen
51 Dachschindeln Meßkirch
53 Baumscheibe Aquiläa
55 Stapel Burghausen
57 Wand Inzigkofen
59 Bildstock Wolfegg
61 Palme Utrera
63 Rinde Inzigkofen
65 junge Stämme Inzigkofen
67 Flechten Inzigkofen
69 3 Bäume Inzigkofen
71 Sägeholz Zwiesel
73 Bauschutt Plankstetten
75 Brennholz Lindau
77 Brennholz Neutrauchburg
79 Herbstblätter Tissano
81 Kletterbaum Lindau
83 Astwerk Inzigkofen
85 Holzwurm Frankfurt
87 Bücher Tettnang
89 Zitadelle Amman
 
  93
  Impressum
Schrift Kursive und Antiqua
mit ParallelPen
Verkleinerung der Texte
auf 28 %
Einband mit Holzfurnier
Auflage 17 nummerierte Exemplare
auf Maschinenbütten
alle
Arbeiten

Claudia Richter
Tettnang 2023