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Poesie und Farbe
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Lieblings-Gedichte
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Titel,
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Autor |
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1
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Zu
den Sternen blickst du, mein Stern.
Oh wär ich der Himmel,
um mit tausend Paar Augen
dich wieder zu sehn. |
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Platon |
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2
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Der
Fächer im Herbst |
Neu
und zart aus weißer Seide;
Rein wie Schnee und frisches Eis
Ist des Fächers heitre Scheibe,
Wie des Vollmonds klarer Kreis.
Weilet stets dem Herrn zur Seite,
Kühlen Wind ihm fächelnd zu.
Doch es kommt des Herbstes Kühle,
Sommers Hitze geht zur Ruh -
Und der Fächer engleitet der Hand,
Treue Liebe ihr Ende fand. |
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Ban
Djiä-Yü |
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3
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Mondnacht
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Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.
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Die
Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
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Und
meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus. |
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Josef
Freiher v. Eichendorff
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5
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Der
Isegrimm |
Aktenstöße nachts verschlingen,
Schwatzen nach der Welt Gebrauch,
Und das große Tretrad schwingen
Wie ein Ochs, das kann ich auch. |
Aber
glauben, daß der Plunder
Eben nicht der Plunder wär,
Sondern ein hochwichtig Wunder,
Das gelang mir nimmermehr.
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Aber
andre überwitzen,
Daß ich mit dem Federkiel
Könnt den morschen Weltbau stützen,
Schien mir immer Narrenspiel.
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Und
so, weil ich in dem Drehen
Da steh oft wie ein Pasquill,
Läßt die Welt mich eben stehen
Mag sies halten, wie sie will! |
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Josef
Freiher v. Eichendorff
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7
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Er
ist's |
Frühling
läßt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte
süße, wohlbekannte Düfte
streifen ahnungsvoll das Land. |
Veilchen
träumen schon,
wollen balde kommen.
-Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen! |
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Eduard
Mörike
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8
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Septembermorgen |
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
Im warmen Golde fließen. |
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Eduard
Mörike
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9
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Wir
bleiben alle Kinder |
Und
wird die Welt auch noch so alt,
der Mensch, er bleibt ein Kind!
Zerschlägt sein Spielzeug mit Gewalt,
wie eben Kinder sind!
Wenn alles erst in klein zerstückt
Und nichts mehr zu verderben,
so sucht er wieder - neu beglückt -
und spielt dann mit den Scherben.
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Carl
Spitzweg
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10
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Leicht
zu leben ohne Leichtsinn,
heiter zu sein ohne Ausgelassenheit,
Mut zu haben ohne Übermut -
Das ist die Kunst des Lebens. |
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Theodor
Fontane
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11
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Der
römische Brunnen |
Aufsteigt
der Strahl, und fallend gießt
er voll der Marmorschale Rund,
die, sich verschleiernd , überfließt
in einer zweiten Schale Grund;
die zweite gibt, sie wird zu reich,
der dritten wallend ihre Flut,
und jede nimmt und gibt zugleich
und strömt und ruht. |
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Conrad
Ferdinand Meyer |
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12
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Der
Seufzer |
Ein
Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude. |
Der
Seufzer dacht' an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm
und er sank und ward nimmer gesehen. |
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Christian
Morgenstern
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13
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Herbsttag
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Herr:
es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
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Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
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Wer
jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. |
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Rainer
Maria Rilke
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15
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Blaue
Hortensie |
So
wie das letzte Grün in Farbentiegeln
sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh,
hinter den Blütendolden, die ein Blau
nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.
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Sie
spiegeln es verweint und ungenau,
als wollten sie es wiederum verlieren,
und wie in alten blauen Briefpapieren
ist Gelb in ihnen, Violett und Grau;
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Verwaschenes
wie an einer Kinderschürze,
Nichtmehrgetragenes, dem nichts mehr geschieht:
wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze.
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Doch
plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen
in einer von den Dolden, und man sieht
ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen. |
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Rainer
Maria Rilke |
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17
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Stufen |
Wie
jede Blüte welkt ...
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Hermann
Hesse
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20
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Liebeslied |
Ich
wollt', ich wär eine Blume ... |
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Hermann
Hesse
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21
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Wirf
den Stein von heute weg. |
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Juan
Ramón Jiménez
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22
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Ein
Nagel saß in einem Stück Holz.
Der war auf seine Gattin sehr stolz.
Die trug eine goldene Haube
Und war eine Messingschraube.
Sie war etwas locker und etwas verschraubt,
Sowohl in der Liebe, als auch überhaupt. |
Sie
liebte ein Häkchen und traf sich mit ihm
In einem Astloch. Sie wurden intim.
Kurz, eines Tages entfernten sie sich
Und ließen den armen Nagel im Stich.
Der arme Nagel bog sich vor Schmerz.
Noch niemals hatte sein eisernes Herz
So bittere Leiden gekostet.
Bald war er beinah verrostet.
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Da
aber kehrte sein früheres Glück,
Die alte Schraube wieder zurück.
Sie glänzte übers ganze Gesicht.
Ja, alte Liebe, die rostet nicht!
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Joachim
Ringelnatz
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24
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Erst
seit du mich kennst
kenn ich mich selbst |
Einst
war mein Körper mir fremd
wie ein entlegener Erdteil |
und
ich wußte von mir
weder Osten noch Süd |
Einsam
war meine Schulter
e in ferner Fels |
bis
deine Hand sie berührte:
Da erst fühlte ich mich |
Da
bekam ich Augen
und mein Mund eine Form |
ahnte
mein Fuß seinen Lauf
spürte mein Herz seinen Schlag |
O
wie liebe ich mich
seit du mich liebst! |
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Ivan
Goll
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26 |
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Eugen
Roth |
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27
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Morgens
und abends zu lesen |
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Bertolt
Brecht |
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28
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Mascha
Kaléko |
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30
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Hilma
Wiedemann |
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31
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Wer
ein einziges Mal
das Strahlen des Glückes ... |
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Albert
Camus |
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32
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Karl
Krolow |
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34
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Franz
Ringseis |
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35
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Wislawa
Szymborska |
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38
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Ernst
Ferstl
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Impressum
Schrift |
Schreibschrift,
Tinte mit Spitzfeder |
Bilder |
Details
aus Kalligraphie-Aquarellen |
26
Kopien |
Texte
auf Transparentpapier (80g)
(Verkleinerung auf 50%)
Bilder auf Tairei
(Japanpapier 65g)
z.T. digital bearbeitet |
Einband |
Doupionseide
|
alle Arbeiten |
Claudia
Richter
Tettnang 2005 |
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